Was versteht man unter Führungskräfteentwicklung?
Unter der Führungskräfteentwicklung sind alle strategischen und operativen Maßnahmen gemeint, mit denen Unternehmen die Kompetenzen aktueller und künftiger Führungskräfte aufbauen und stärken können. Das Ziel dessen ist, der (potenziellen) Führungskraft alle nötigen Skills mitzugeben, um Ihre Mitarbeiter erfolgreich zu leiten, strategische Ziele umzusetzen und Veränderung aktiv zu gestalten.
Führungskräfteentwicklung umfasst dabei mehr als klassische Seminare. Sie ist ein langfristiger Prozess, der Lernen im Arbeitskontext, Selbstreflexion, Feedback und die Entwicklung sozialer und emotionaler Kompetenzen integriert.
Wichtige Merkmale sind:
- strategische Ausrichtung an der das Geschäftsmodell, Kultur und Zukunftsstrategie erkennbar sind
- Kompetenzmodelle mit klaren Soll-Profilen je Führungsebene
- nachhaltige Lernarchitekturen statt Einmal-Trainings
- messbare Wirkung auf Verhalten und Unternehmenserfolg
Warum ist Führungskräfteentwicklung heute wichtiger denn je?
Digitalisierung, Fachkräftemangel, Generationenwandel und hybride Zusammenarbeit fordern Führungskräfte neu heraus. Der IW-Report aus 2023 zeigt, dass 50 Prozent der Unternehmen Schwierigkeiten haben, Führungspositionen zu besetzen. Weiter zeigt er, dass nur 40 Prozent überhaupt Interesse daran haben, eine Führungsposition zu übernehmen, während die Hochschule Niederrhein zu dem Ergebnis kommt, dass 43 Prozent der Beschäftigten die Führungsqualitäten ihrer Vorgesetzten als nicht angemessen empfinden, da es ihnen vor allem an Empathie fehlt.Auf der anderen Seite stehen Studien, die belegen, dass die Qualität der Führung über Produktivität, Mitarbeiterbindung, Innovationskraft und Arbeitgeberattraktivität entscheidet.
Die Gallup-Studie 2024 kommt sogar zu dem Schluss, dass Teams mit guten Führungskräften über doppelt so viele engagierte Mitarbeiter verfügen. Allerdings fühlen sich 78 Prozent der Beschäftigten nur wenig mit ihrem Arbeitgeber verbunden, woraus innerhalb von drei Jahren eine hohe Kündigungsrate resultiert. Diese führt zu 113 bis 135 Milliarden Euro Produktivitätsverlusten – gerade kleine Unternehmen sind von einer hohen Fluktuation betroffen.
Welche Ziele verfolgt ein belastbares Konzept der Führungskräfteentwicklung?
Ein wirksames Konzept der Führungskräfteentwicklung stiftet Nutzen auf mehreren Ebenen: individuell, im Team und auf Organisationsebene. Es verknüpft persönliche Entwicklung mit Unternehmenszielen und fördert eine nachhaltige Führungs- und Lernkultur.
| Ebene | Zielschwerpunkt | Typische Wirkung |
| Individuelle Ebene |
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| Team-Ebene |
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| Organisationale Ebene |
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Wie unterscheiden sich kurz-, mittel- und langfristige Ziele in der Führungskräfteentwicklung?
Die Ziele einer nachhaltigen Führungskräfteentwicklung erstrecken sich über verschiedene Zeithorizonte. Kurzfristig steht die spürbare Verhaltensänderung im Mittelpunkt, mittelfristig der Aufbau einer stabilen Nachfolge-Pipeline und langfristig die kulturelle Verankerung von guter Führung.
| Kurzfristig | Mittelfristig | Langfristig | |
| Ziel |
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| Beispiele |
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| TIPP: Verknüpfen Sie beide Perspektiven – Ebenen (wo wirkt Führung?) und Zeithorizonte (wann wirkt Führung?) – um Ihr Konzept ganzheitlich zu steuern. So verbinden Sie kurzfristige Erfolge mit langfristiger Kulturentwicklung. |
Wie grenzt sich Führungskräfteentwicklung von klassischer Personalentwicklung ab?
| Merkmal | Personalentwicklung | Führungskräfteentwicklung |
| Zielgruppe |
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| Zielbild |
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| Methoden |
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| Messung |
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| Gut zu wissen: Das 70-20-10-Modell zeigt, dass wirksame Führungskräfteentwicklung vor allem in der Praxis entsteht: 70 Prozent Learning-on-the-Job, 20 Prozent Lernen durch Austausch (zum Beuspiel Coaching, Mentoring) und zehn Prozent formale Trainings. Entwicklungsprogramme sollten daher Praxis, Reflexion und Training sinnvoll miteinander verbinden. |
10 wirksame Methoden und Wege für die Führungskräfteentwicklung
- Internes und externes Coaching unterstützt Führungskräfte dabei, ihr eigenes Verhalten zu reflektieren, blinde Flecken zu erkennen und konkrete Herausforderungen zu bearbeiten. Es fördert Selbstbewusstsein, Entscheidungsfähigkeit und persönliche Wirksamkeit.
- Beim Mentoring profitieren Nachwuchs- oder angehende Führungskräfte vom Erfahrungsschatz erfahrener Leader. Dadurch verstehen sie schneller organisatorische Zusammenhänge, entwickeln ein realistisches Führungsverständnis und treffen bessere strategische Entscheidungen.
- Das 360-Grad-Feedback kombiniert Feedback von Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeitenden und der eigenen Selbsteinschätzung. Sie zeigt Stärken und Entwicklungsfelder offen auf und bildet die Grundlage für individuelle Entwicklungspläne.
- Führungstrainings und Workshops vermitteln konkrete Kompetenzen wie Kommunikation, Konfliktmanagement, Motivation oder Delegation. Workshops ermöglichen praxisnahe Übungen, Austausch mit anderen Führungskräften und die Entwicklung neuer Verhaltensmuster.
- Learning-on-the-Job entsteht in der Praxis. Durch herausfordernde Aufgaben, Projektleitungen oder temporäre Verantwortungsübernahme entwickeln Führungskräfte ihre Fähigkeiten unmittelbar im Arbeitsalltag – mit hoher Transferwirksamkeit.
- kollegiale Fallberatung erfolgt anhand der Herausforderungen anderer Führungskräfte. Das fördert Problemlösung, Perspektivwechsel und die Fähigkeit, komplexe Situationen gemeinsam zu analysieren.
- Planspiele, Simulationen und Rollenspiele fördern und trainieren kritische Situationen wie Konflikte, Veränderungsprozesse oder schwierige Gespräche. Dadurch können sie Verhalten sicher erproben, ohne Risiken im Arbeitsalltag.
- Shadowing ermöglicht es, erfahrenen Führungskräften im Alltag über die Schulter zu schauen.
- Hospitationen in anderen Bereichen fördern Verständnis für Schnittstellen, Systeme und abteilungsübergreifende Zusammenarbeit.
- Digitale Lernmodule und Micro-Learning wie Videos, Lernsnacks oder interaktive Module bieten kontinuierliche Weiterbildung im Arbeitsalltag. Sie eignen sich besonders gut für Themen wie Kommunikation, agiles Arbeiten oder Selbstorganisation und machen Lernen flexibel und nachhaltig.
| Hinweis: Coaching eignet sich besonders für ergebnisoffene Fragestellungen, Mentoring ist ideal für Nachwuchskräfte, die Orientierung in der Organisation suchen. |
Wie lassen sich Nachwuchsführungskräfte fördern?
Junge Talente benötigen eine andere Art der Förderung, dennoch sollten Sie nicht nur auf bereits etablierte Manager setzen, um die Führungsebene auszubauen. Mit einem strukturierten Nachwuchsführungskräfteprogramm können Sie das Potenzial frühzeitig fördern:
- Talent-Programme und interne Leadership Academies
- Potenzialdiagnostik (zum Beispiel Persönlichkeitsprofile, Assessment-Center)
- übergreifende Projektverantwortung
- Coaching durch Senior-Leaders
- Training zu Kommunikation, Selbstorganisation, Konfliktmanagement
- Job-Rotation über verschiedene Abteilungen
| HINWEIS: Nachwuchsführungskräfte benötigen nicht sofort vollständige Führungsverantwortung. Viele Unternehmen setzen auf „Laterale Führung“ als Zwischenschritt, die eine ideale Möglichkeit darstellt, Führung zu üben, ohne Personalverantwortung zu tragen. |
Wie identifizieren Sie High Potentials und Nachwuchsführungskräfte fair und treffsicher?
Die Suche nach geeigneten Führungskräften ist eine der anspruchsvollsten Aufgaben im Personalmanagement. Geeignete Führungskräfte zeichnen sich nicht allein durch Erfahrung oder Fachwissen aus. Entscheidend sind ihre Leadership-Kompetenzen:
- Fachliche Eignung: Branchenerfahrung, Fachwissen, analytisches Denken
- Persönliche Kompetenz: Selbstbewusstsein, Belastbarkeit, Integrität
- Soziale Kompetenz: Empathie, Teamfähigkeit, Kommunikationsstärke
- Methodische Kompetenz: Problemlösungsfähigkeit, Organisationsvermögen, Priorisierung
- Strategische Kompetenz: Weitblick, Innovationsfähigkeit, Veränderungsmanagement
Wie verknüpfen Sie Führung mit Employer Branding und Recruiting?
Starke Führung ist ein Magnet für Talente. Kommunizieren Sie echte Leadership-Praxis auf Karriereseiten und Social Media: Team-Stories, Führungsprinzipien, Entwicklungspfade und messbare People KPIs sind ideale Methoden.
Setzen Sie Corporate Influencer wie zum Beispiel Teamleiter ein, die zeigen, was in Ihrem Unternehmen geleistet wird. So erhöhen Sie die Conversion im Recruiting. Für die Ansprache von Führungskräften eignen sich vor allem LinkedIn oder XING (Thought Leadership, Direktansprache) sowie YouTube und Instagram (Authentizität, Einblicke).
Welchen Nutzen haben Vielfalt und Inklusion in der Führungskräfteentwicklung?
Führung wird besser, wenn verschiedene Perspektiven zusammenkommen. Bauen Sie diverse Talentpools auf, etablieren Sie bias-sensible Verfahren (anonymisierte Vorbewertungen, diverse Panels) und geben Sie Role Models Sichtbarkeit. Inklusion entsteht durch Rituale (zum Beispiel strukturierte Redezeit, Meeting-Moderation, inklusive Sprache) und klare Eskalationswege bei Diskriminierung. Solche Strukturen fördern Innovationskraft und Arbeitgeberattraktivität.
Welche Instrumente gibt es für die kontinuierliche Führungskräfteentwicklung?
Mitarbeitergespräche dienen dazu, Stärken zu identifizieren, Entwicklungsfelder sichtbar zu machen und konkrete Maßnahmen zu planen – sei es durch Selbstlernen, Unterstützung durch Vorgesetzte oder die Teilnahme an Seminaren und Trainings. Ergänzend dazu helfen Zielvereinbarungsgespräche, die Entwicklung sichtbar und messbar zu machen. Durch klare, überprüfbare Ziele – zum Beispiel eine bestimmte Anzahl positiver Verkaufsgespräche innerhalb eines vorher festgelegten Zeitraums – erhalten Mitarbeitende Orientierung und Transparenz.
Auch monetäre Anreize spielen für viele Menschen eine enorm wichtige Rolle: Wer mehr Verantwortung übernimmt, sollte dies auch finanziell spüren. Obwohl Gehalt nur begrenzt Einfluss auf langfristige Zufriedenheit hat, ist es ein wirksamer Motivator und sendet ein wichtiges Signal der Wertschätzung.
Darüber hinaus stärken Karriere-Optionen wie Beförderungen, Job-Rotation oder internationale Einsätze die Entwicklung von Nachwuchsführungskräften und fördern frühzeitig ein breites Wissensspektrum erworben durch Erfahrungen. Moderne Entwicklungsprogramme werden zunehmend durch Online-Kurse ergänzt. Plattformen wie Coursera oder Udacity bieten hochwertige Inhalte, die Mitarbeitende flexibel in ihren Alltag integrieren können. Unterstützen Sie Ihre Mitarbeitenden aktiv bei der Auswahl passender Programme und begleiten Sie sie beratend, damit Wissen zielgerichtet erworben und praktisch eingesetzt werden kann.
Welche häufigen Fehler passieren bei der Führungskräfteentwicklung?
- Führung wird als reine Beförderung betrachtet: Mitarbeiter erhalten Führungsverantwortung aufgrund fachlicher Leistung, ohne auf soziale oder strategische Führungskompetenzen vorbereitet zu sein. Das führt schnell zu Überforderung und Konflikten.
- Einmalige Maßnahmen statt kontinuierlicher Entwicklung: Seminare oder Workshops werden isoliert durchgeführt, ohne regelmäßige Reflexion, Transferphasen oder ergänzende Entwicklungsschritte. Nachhaltiges Lernen bleibt aus.
- Fehlende Vorbildfunktion der Geschäftsführung: Wenn die Unternehmensleitung nicht aktiv kommuniziert, wozu die Führungskräfteentwicklung dient, oder das gewünschte Führungsverhalten selbst nicht lebt, verlieren Programme ihre Glaubwürdigkeit.
- Mangelnde Verzahnung zwischen HR, Personalentwicklung und Fachbereichen: Entwicklungsangebote werden isoliert erstellt und erreichen den Arbeitsalltag kaum, wenn Führung, HR und Organisation nicht abgestimmt zusammenarbeiten.
- Unklare Erwartungen an Führungskräfte: Fehlen ein definiertes Führungsleitbild oder klar formulierte Kompetenzanforderungen, wissen Führungskräfte nicht, woran sie sich orientieren sollen oder was von ihnen erwartet wird.
- Zu wenig Ressourcen für Entwicklung: Zeitmangel, fehlendes Budget, geringe Priorisierung oder fehlende Entlastung im Tagesgeschäft verhindern, dass Führungskräfte Entwicklungsangebote tatsächlich nutzen können.
- Unpassende oder veraltete Methoden: Standardtrainings ohne Praxisbezug, reine Wissensvermittlung oder starre Modelle sprechen moderne Führungskräfte nicht an und erzeugen kaum echte Verhaltensänderung.
- Zu spätes Eingreifen bei Führungsproblemen: Entwicklung beginnt oft erst, wenn bereits Konflikte, Leistungsprobleme oder Fluktuation entstanden sind – statt frühzeitig Prävention zu betreiben.
- Fehlende Erfolgsmessung: Ohne klare Evaluationsmechanismen bleibt unklar, ob Programme wirken, Lernziele erreicht werden oder Anpassungen notwendig sind. Dadurch wird eine Nachbesserung schwierig.
Fazit: Führungskräfteentwicklung als Hebel für Performance, Kultur und Zukunftsfähigkeit
Wer strukturiert auswählt, legt die Grundlage für eine erfolgreiche Führungskräfteentwicklung und nachhaltige Unternehmensführung. Entscheidend ist, dass Sie nicht nur auf Erfahrung, sondern auf Entwicklungspotenzial und kulturelle Übereinstimmung achten. So fördern Sie nicht nur Führung – Sie gestalten sie strategisch.